…sonderbar…

…schiesst mir in den Kopf als mein Blick auf den Mann trifft. Wobei mir nicht ganz klar ist, ob ich den ganzen Mann oder nur sein Verhalten sonderbar finde. Der Ort ist auch sonderbar. Also – nicht der Ort – eher das, was der Mann daraus macht.

Mittelsäule. Gummiert und in Falten gelegt, wie eine Ziehharmonika. Führt dazu, dass die Bahn Kurven fahren kann ohne aus der Bahn geworfen zu werden. Sehr sinnvoll.

Dieser Mann lehnt an der sich bewegenden Mittelsäule. Er lehnt so daran, dass nur die Schulten das Gummi berühren. Der Rücken mit den Beinen liegt im 45Grad Winkel zur Säule. Ihr könnt mir folgen…?? Wird noch schräger…

Schaut aus, als ließe er sich den oberen Rücken massieren. Dabei führt er Selbstgespräche und hält sich sehr schräg. Nicht schräg genug – er geht in die Hocke. Yeah – da müssen ordentlich Bauchmuskeln sein… Er redet ununterbrochen. Irgendwas. Abrupt steht er wieder auf  – den Rücken an die grad in die Kurve gehende Säule gedrückt.

Oha. Kommt der vom Zirkus…?

Er löst sich von der Säule – nur um gleich wieder nach hinten abzukippen. 90 Grad. Nur der Nacken berührt die Säule. Ich denke an Bodo Wartkes Lied – 90Grad… Der hat sich da echt was vorgenommen…

Inzwischen weiß ich, was er  murmelt. Seiner Säule gegenüber steht das Pendant und daran hängt ein Streckenplan. Er murmelt  – nein singt beinahe – die Stationen. Yorckstaraaaaaaße… bass…. popopopotsdaaaaaaaamer Platzzzzzz….sopran – nur so für sich – ganz leise…

Sehr sonderbar – das alles… Gibts eigentlich noch „Versteckte Kamera“…? Oder läuft hier irgendwas anderes, was ich nicht checke, weil ich keinen Fernseher hab…???

Der Mann hält inne. Sein rechter Arm greift weit über den Kopf nach hinten und zieht den Körper Stück für Stück nach unten. Mir wird sonderbar. Stopp jetzt… Mehr geht nicht. So eine Wirbelsäule kommt irgendwann an den Punkt, den ich nicht mal im Horrorfilm erleben möchte… Mein KLEINES VORMIR stöhnt leise auf: Charlotte, sag ihm er soll aufhören – bitte, bitte, bitte…  Mein KLEINES HINTERMIR hält sich die Augen zu: der geht kaputt, Charlotte – gleich, gleich, gleich… kracht´s…

Nee – es kracht nicht.

Langsam kommt der Arm, der Rücken, der ganze Mann wieder nach oben. Lehnt erschöpft an der Ziehharmonikasäule. Wo eben noch ganz viel Leben war – wenn auch ziemlich verdreht und sonderbar – steht jetzt Stille. Steht ganz frei ohne Säule nur mit Bascap auf dem hängenden Kopf. Steht da als Inbegriff von Traurigkeit. Verlässt die Bahn und lässt mich mit einem – sonderbar undefinierbarem Gefühl zurück.

 

 

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3 Kommentare zu „…sonderbar…

  1. Liebste Charlotte,
    obwohl Du dir alle Mühe gegeben hast, die Situation zu beschreiben, ich kann sie mir einfach nicht bildlich vorstellen -obwohl ich die Geschichte mehrmals gelesen habe .

    Liebe Grüße von Deinem
    novembermann

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    1. Oh …. das tut mir leid, lieber Novembermann – aber denk nicht mal im Traum daran, dass ich sowas vorbiegen könnte – ich brech da einfach durch … hmmm – der Einfachheit halber stell dir den Mann vor, wie er sich tief nach vorn beugt – die Hände zum Boden gerichtet … und jetzt dreh‘ das ganze um – mach hinten..
      Besser jetzt …??

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  2. Liebe Charlotte, es sieht so aus, als ob der Mann, ein Baske, der ein Bascap trägt und sich hin und her beugt, baskische Pelota ausübte….Liebe Grüsse.

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