Rot…

…begleitet mich. Hin und wieder. Erinnere mich an die rote Daunenjacke und sinniere, ob die beiden sich je gefunden haben… (Fest der Liebe, Dezember 2017)…

Schräg gegenüber auf der anderen Seite sitzt ein Paar, das russisch spricht. Oder eher russisch zuhört. Einer Frau, die offensichtlich die Gastgeberin spielt – vor ihnen sitzt, heftig gestikuliert und ganz aus dem Häuschen ist. Dabei rutscht ihr immer wieder die Sonnenbrille von der Nase.

Zwei Jungs – schätze – elf, zwölf werden sie sein, setzen sich in den Gang und holen Karten aus der Tasche.

Oha, denke ich – Sammelkarten – DAS ist ungewöhnlich. Keine Smartphones. Karten… Sie beginnen zu spielen, irgendwelche Monster mit abartig vielen Leben oder Superkräften werden hin und her getauscht. So ganz kann ich den beiden nicht folgen – muss ich ja auch nicht. Erfreue mich einfach daran.

Die russische Gastgeberin wird zusehens unruhig. Nicht dass sie bis dato ruhig gewesen wäre – nee – das nicht. Aber jetzt hopst sie wie eine Sprungfeder auf ihrem Sitz. Die nächste Station wird angesagt und sie katapultiert sich tatsächlich auf den Bahnsteig. Superkräfte…? Das russische Pärchen bleibt allein sitzen.

Hmmmm… was´n das für eine Art Gastfreundschaft, denke ich.

Da stürmt sie bereits wieder ins Abteil. Nicht allein. Irgendetwas verändert sich gerade. Die beiden Jungs unterbrechen ihr Spiel, schauen auf… Werden ganz still – beinah ehrfürchtig. Ein Mädchen im roten Mantel, einen Roller unterm Arm, schlängelt sich an ihnen vorbei und fällt der Sprungfederfrau in die Arme. Die stellt sie kurz dem anderen Pärchen vor und umarmt ihre Tochter ein weiteres Mal.

Mein Blick fällt auf die beiden Kartenspieler, die immer noch nicht wieder zu ihren Karten zurück gefunden haben. Verlegen versuchen sie voreinander zu verbergen, welchen Aufruhr dieser rote Mantel in ihren Herzen verursacht. Weil – dieses Mädchen – vielleicht elf oder zwölf – ist elfenhaft schön. Sie sagt kein Wort, kuschelt sich nur an ihre Mutter, öffnet ihren roten Mantel und reicht den Roller weiter zum Fenster. Die Jungs sieht sie nicht. Oder will sie nicht sehen. Wer weiß das schon…?

Ein tiefes Einatmen – synchron beinahe – kommt aus der Kartenspielerrichtung. Beide Jungs fahren sich mit den Händen durch die Haare. Der eine wuschelt seine blonden Locken aus den Augen, der andere streicht sein dunkles, welliges Haar nach hinten. Sie reden nicht miteinander – werfen nur verstohlene Blicke. Hoffen auf ein Lächeln, ein verschwörerisches Nicken – spüren die Eifersucht des Anderen, ahnen um ihre Veränderung und wissen, dass es keinen Gewinner gibt…

 

 

Version 2

3 Kommentare zu „Rot…

  1. Ach liebste Charlotte,

    ja rot, kann mich noch gut an diese Geschichte erinnern, scheint Dein Leben zu begleiten, glaube aber nicht daran, dass sie sich je gefunden haben. (Schade oder gut, wer weiß das schon)
    Stimmt, es ist schon eine merkwürdige Zeit -zwischen Quartett und Mädels- daran kann ich mich jedoch nur wage erinnern. Ist vielleicht besser so.

    Nun bin ich wieder in der Spur, den es war Montag und das ist gut so.
    Dir eine schöne Woche, auch bei nicht so schönem Wetter vom
    novembermann

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    1. Schön, dass du wieder in der Spur bist, lieber Novembermann…. aber du weißt – die schönsten Dinge passieren, wenn du LOST bist … und LOST ist man(n) eher neben der Spur ….😃
      Liebste Grüße von Charlotte (immer mal wieder LOST….)

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  2. Liebe im Herzen über alles und irgendwo!…
    Es erinnert mich daran, dass der Direktor vom Goethe Institut anlässlich einer Konferenz den Titel des Deutschlandlieds so deutete: ‚Ich liebe Deutschland über alles“.So sollte man den Titel verstehen. Diese Interpretation finde ich immer noch sehr interessant.
    …also liebe Grüsse an Charlotte!

    Gefällt 1 Person

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