Echt jetzt…?

Ja…

Echt jetzt… Er steigt ein. Setzt sich umständlich. Kramt ein Buch raus. Fängt an zu lesen und glaubt doch allen Ernstes, dass ihn keiner erkennt. Er sozusagen undercover unterwegs ist. In der Bahn.

Und es stimmt. Alle ignorieren ihn. Keiner bringt zusammen, was mir nicht erst das Buch verraten hat. Aha, denke ich. Soll ich mal laut rufen…?

Ich hab den Gedanken kaum zu Ende gedacht, da trifft mich ein warnender Blick. Moment – ich habe NICHT laut gedacht. Da bin ich mir ganz sicher. Also bitte, wo kommt dann dieser Blick her…?

Mein Kleines VORMIR stellt seinen Schild auf. Kein Gedanke sollte jetzt nach außen dringen dürfen. Mein Kleines HINTERMIR hält seine Lanze zitternd in Position. Wie schön, denke ich, ….auf die beiden ist Verlass.

Ich beginne in meiner Tasche zu wühlen. Das Charlotteheft muss doch hier irgendwo sein. Erst fällt die Flasche raus, dann der Lippenstift, und ein Tampon rollt auch noch hinterher. Oh Mann – wie peinlich.

Das Charlotteheft ist nicht da. Ich räume meine Tasche wieder ein und denke – ok… geht auch ohne. Hauptsache Bleistift – und irgendeine Quittung wird sich schon finden.

Nee. Es finden sich weder Bleistift –  oder überhaupt irgendein Stift – noch eine Quittung, oder Serviette, oder loses Blatt – nicht mal ein Briefumschlag. Nix.

Tiefes Durchatmen.

„Telefon – Notizfunktion“, flüstert mein Kleines VORMIR – inzwischen schwer atmend – so einen Schild halten ist auf Dauer anstrengend …

Jippi, sage ich, greife zu meinem Handy und beginne mir Notizen zu machen. Das Schreiben ist ein bisschen mühselig und ich brauche eine Weile bis ich mit meinen Notizen durch bin. Der letzte Punkt ist gesetzt. Ich drücke auf Enter. Will speichern und treffe den Mülleimer.

ALLES IST WEG…!!!

Und es gibt keine Möglichkeit des Rückgängigmachens. Wirklich nicht. Ist eine Notizfunktion und kein Schreibprogramm. Notiz erledigt. Notiz gelöscht.

Jetzt würde ich  wirklich gern laut „absolute Scheißkacke“ rufen. Da trifft mich wieder ein Blick. Weiß gar nicht, was mich dazu gebracht hat, nochmal in seine Richtung zu schauen. Mit dem Blick legt sich ein Finger auf seine Lippen – mein Kleines VORMIR seufzt tief auf und lässt den Schild fallen. Mein Kleines HINTERMIR legt vorsichtig die Lanze ab.

Oha, denke ich. Die Dinge haben immer einen Grund, warum sie so passieren, wie sie passieren. Kurz tauche ich in diesen Blick ein…

Mein Gegenüber will aussteigen und nimmt mir mit seinem Rucksack die Sicht. Als er sich sortiert hat und den Blick wieder freigibt, sind die Augen mit Mann verschwunden.

Der Platz ist leer – nicht mal das Buch hat er liegen lassen. Der UndercoverMann. Der mit dem Bart – weniger imposant als bei den älteren aber durchaus zu erkennen. Auch ohne roten Mantel und Rentierschlitten. Wo sollen die denn auch parken  – in der Bahn…?!

Unisono kommt´s vom Kleinen VORMIR und vom Kleinen HINTERMIR: „echt jetzt…?“ Ich nicke…

….ECHT, JETZT…

 

 

Ihr lieben Follower und Nichtfollower,

schön, dass ihr da seid und lest und kommentiert. Ich wünsche euch allen ein besinnlich- wunderschönes Weihnachtsfest. Nehmt euch Zeit für euch – lasst euch beschenken, verschenkt selbst, tauscht wieder um, zählt nicht die Schokoladenengel, die in euren Bäuchen Platz finden und vergesst jeden guten Vorsatz…

Der 24.12. ist übrigens der einzige Tag im Jahr, an dem der UndercoverMann aus seiner Deckung kommt… Schön, wer ihm da begegnet…

Liebste Grüße

Eure Charlotte

 

 

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3 Kommentare zu „Echt jetzt…?

  1. Liebste Charlotte,
    Das beste wie immer zuletzt, ich hab es nicht so mit Weihnachten, aber deine Geschichten könnten das vielleicht mal ändern. Darum von mir für Dich keine besinnliche , sondern eine friedliche Zeit und genieße sie mit wem auch immer. Lass mich kurz rechnen- war es schon die letzte Charlotte in diesem Jahr- Nein, eine ist noch offen. Das ist schön
    Liebe Grüße von Deinem novembermann

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    1. Du hast Recht… eine kommt noch in diesem Jahr, lieber Novembermann… hab schöne Weihnachten… egal, wie du sie verbringen wirst… und Danke., ja….?!
      Liebe Grüße
      Charlotte

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  2. „Siegfried, im Hintergrunde auf dem Steine verweilend, betrachtet Brünnhilde, regungslos auf seinen Schild gelehnt“

    Liebe Charlotte, war es er, warst du sie im 21. Jahrhundert?..Wie dem auch sei, ich erwarte gerne die Rätsellösung. im nächsten Jahr und hoffe auf weitere Erzählungen….

    Liebe schokoladenvolle Grüsse an dich!

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